( Fotograf │ Tierfotos
Der Katmai Nationalpark, mit 18’800 Quadratkilometer grossflächig im Südwesten von Alaska gelegen, besteht primär aus weiter, unberührter Wildnis. Prominenteste Bewohner des weiträumigen Naturgebietes sind rund 2000 Braunbären. 40 bis 60 von ihnen lagern jeweils im Juli und September in der Umgebung von Brooks Camp. Die hier gelegenen Brooks Wasserfälle sind einer der feinsten Orte der Welt, um mächtige Grizzly-Bären beim Fischfang zu beobachten. Die Bären kommen rechtzeitig zum Höhepunkt des Lachstroms hierher. Die meisten Lachse sind anfangs Juli unterwegs. Es können so viele werden, dass man beinahe kein Wasser mehr sieht und sich ein ununterbrochener roter Strom durch den Fluss hinauf zu den Laichplätzen zieht.
Touristen können von einer aus Holz gezimmerten, leicht erhöhten Plattform aus, die Grizzlies hautnah beobachten. Herrscht grosser Andrang, wird auf eine Stunde Aufenthalt kontingentiert – die Touristen auf den Brettern natürlich, und nicht die Bären im Wasser 🙂
Bei unserem Besuch wurde eine solche Zeitlimite, die dann in Kraft tritt, wenn mehr als 40 Personen anwesend sind, nur ein einziges Mal nötig. Dies hatte auch damit zu tun, dass wir den grossen Lachsstrom, um wenige Tage verpasst hatten. Wenige Tage zu spät sein heisst deutsch und deutlich: Obwohl wir nur etwa fünf Tage nach dem Höhepunkt des Lachsgewimmels dort waren, verebbte der Lachsstrom sehr schnell. Nun kamen deutlich weniger Lachse. Teilweise waren die Fische auch zu schwach, um noch über die Wasserfälle zu springen – sie schwammen oft nur noch im unteren Teil des Flusses herum. Dies bedeutete für uns, dass nur noch etwa zwei bis fünf Bären an den Brooks Wasserfällen jagten – statt deren 28 eine Woche zuvor.
Der Riese mit der genialen Taktik
Dennoch genossen wir natürlich die Zeit bei den riesigen Bären, die aufgrund der Schlaraffenland-Verhältnisse Vorort zu den grössten der Welt gehören. Wir standen uns stundenlang die Füsse platt. Die talentiertesten Fischjäger der Brook Falls platzieren sich jeweils oberhalb der Fälle: hier können sie Lachse beim Hochspringen über den Wasserfall spektakulär aus der Luft fangen – ein Bild, das uns leider sprichwörtlich verwehrt blieb. Diese Fangtechnik wird nur praktiziert, wenn sehr viele Lachse hochspringen. Zudem beherrscht nicht jeder Bär diese Fertigkeit.
Interessant war zu sehen, dass praktisch jeder Bär seine eigene Technik und Taktik entwickelt hat, Lachse zu fangen. Am erfolgreichsten war während unserem Aufenthalt ein riesiger Bär, der unterhalb des Wasserfalls mit Blick auf die Fälle und mit dem ganzen Körper im Wasser lauerte. Lachse, die dann die Fälle hinaufsprangen, aber an der zu hohen Hürde scheiterten, wurden von der Gischt der Fälle an die Brust des Grizzly zurückgespült – der dann blitzschnell mit der Tatze reagierte und mit seiner mächtigen Pranke den Fisch erbeutete.
Weil nur wenige Lachse den Wasserfall entlang kamen, waren die Bären leicht reizbar, weil sie wenig zu fressen kriegten. Schon bei kleinsten Provokationen von Konkurrenten kam es rasch zu „Meinungsverschiedenheiten“.
So erhielten wir auch einen Einblick ins Sozialverhalten der Grizzlies und sahen anschaulich, wie sehr im Bärenland das Recht des Stärkeren zählt. Die mächtigsten Bären besetzten jeweils die besten Plätze im Fluss und vertrieben die kleineren. Und wehe einer dieser Platzhirsch-Bären 🙂 hatte einen der Jüngeren auf dem Kieker – da hiess es für den Rangtieferen jeweils so schnell wie möglich, Reissaus zu nehmen. Die mächtigsten Bären jagten übrigens zuweilen den kleineren auch die Lachse ab, die diese gefangen hatten. Ja, dieses Bärenland serviert wahrlich nicht jedem Angereisten drei Malzeiten à discrétion im Restaurant 🙂