Der St.Galler Reformator, Bürgermeister, Arzt und Geschichtsschreiber Joachim von Watt, genannt Vadian, ist heute die einzige Person in St.Gallen, die mit einem überlebensgrossen Denkmal geehrt wird. Nun ist von Autor Rudolf Gamper eine neue Buchbiografie über den bedeutenden lokalen Förderer der Reformation erschienen – sie beinhaltet neue Erkenntnissen, ist in verständlicher Sprache geschrieben und reich bebildert.
In St.Gallen wird dieser Tage das Jubiläum «500 Jahre Reformation» gefeiert. Die Stadt spielte in der Reformation der Ostschweiz eine prägende Rolle, so dass ihr von der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen Europas das Label „Reformationsstadt Europas“ zuerkannt wurde.
Die Reformation in der Gallus-Stadt ist eng mit dem Namen Joachim Vadian (1483/84–1551) verbunden. Der Kaufmannssohn studierte an der Universität Wien Medizin und war erfolgreicher neulateinischer Dichter und Geograph.
Er liess sich später in seiner Heimat St. Gallen nieder, wo er als Humanist und Arzt fungierte. Unter dem Einfluss der Publikationen Luthers lösten glaubensbezogene Studien und Diskussionen im Laufe der Zeit die humanistischen Forschungen ab. Vadian stieg zum Bürgermeister auf, in der Einführung der Reformation und in den Auseinandersetzungen mit der benediktinischen Fürstabtei spielte er eine massgebliche Rolle.
Von all dem wissen viele St.Galler, welche die Vadian-Staue beim Marktplatz als exponierten Verabredungstreffpunkt nutzen, wenig bis nichts. Das mag man uns „Laien“ auch ein wenig nachsehen: die bisher aktuellste Vadian-Biografie erschien 1944 und 1957 in zwei Bänden und gilt als monumental sowie schwerlich lesbar.
Demgegenüber ist die eben neu erschienene Biografie über das Leben und Wirken von «Joachim Vadian» ein Kontrastprogramm. Das Werk von Rudolf Gamper, dem langjährigen ehemaligen Leiter der Vadianischen Sammlung der Ortsbürgergemeinde St. Gallen, ist reich bebildert und illustriert, spannend und verständlich geschrieben. Zudem vermittelt der Autor aufgrund seiner intensiven, langjährigen Forschungen zahlreiche neue Fakten und Interpretationen rund um Vadian und die Reformationszeit in St.Gallen.
Die wichtigste inhaltliche Erkenntnis ist die Erhärtung des Umstands, dass Vadian vor 500 Jahren nicht als Stadtarzt aus Wien in seine Heimatstadt zurückkehrte, sondern vorerst in einer Rolle, die man heutzutage als „Politberater“ bezeichnen würde. Auch ist neu nachzulesen, dass Vadian in den Jugendjahren eine Neigung zur Gewalt nicht abzusprechen ist.
Nach Rudolf Gamper war die Reformation in St.Gallen vielfältiger verlaufen als bisher wahrgenommen. So war Vadian auch nicht der alleinige führende Reformator in St.Gallen. Die religiösen Umwälzungen waren vielmehr das Werk eines Teams. Trotzdem „bleibt Vadian die herausragende Gestalt in der St.Galler Geschichte mit erstaunlich breiten Kenntnissen und Interessen.“
Der Weg, das exponierte Vadian-Denkmal beim Marktplatz künftig als Würdigung einer vertrauten historischen Persönlichkeit zu sehen, führt also über 391 Buchseiten. Und unter anderem ein Bild von mir, welches das Vadian-Denkmal im Winter und schneebedeckt zeigt 🙂 .
Über den Buchautor:
Rudolf Gamper
studierte in Zürich Geschichte, Germanistik und Philosophie.
1995 wurde er Bibliothekar der Vadianischen Sammlung der Ortsbürgergemeinde St.Gallen
Nach der Pensionierung 2014 erarbeitete er die neue Vadian-Biographie
Buch:
Rudolf Gamper
Joachim Vadian, 1483/84–1551
Humanist, Arzt, Reformator, Politiker
Mit Beiträgen von Rezia Krauer und Clemens Müller
2017
Preis: CHF 48.00
ISBN 978-3-0340-1405-2
Klosterbezirk St.Gallen mit Vadian Fotomontage