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Die berüchtigte Effizienz von höher klassierten Mannschaften lässt auch den SC Brühl im Achtelfinal des Schweizer Cups gegen den FC Lausanne-Sport mit dem brutalen Resultat von 0:3 ausscheiden. Augenfällig waren dabei die Parallelen zur selben Spielpaarung im Vorjahr und jenen des Schweizer Cups mit dem beliebten Leiterlispiel.
Für einen Fussballverein aus der Ersten Liga Promotion gibt es keine bessere Möglichkeit, sich in einem grösseren und helleren Schaufenster zu präsentieren, als im Schweizer-Cup für Furore zu sorgen – am besten durch Ausschalten von renommierten, höherklassigen Vereinen. Genau dies war dem SC Brühl St.Gallen auch diesen Herbst wieder gelungen.
Die Mannschaft von Trainer Erik Regtop hat nacheinander im 1/32- und 1/16-Final zwei Traditionsvereine sprichwörtlich aus dem Wettbewerb gekickt, die in der Challenge League spielen. Zuuerst Winterthur (5:4 nach Penaltyschiessen) und dann Schaffhausen (3:2). Die Kronen haben sich damit ein Achtelfinalspiel gegen den Super League-Vertreter FC Lausanne Sport redlich verdient. Sie durften im Vorfeld der Partie von der erstmaligen Viertelfinal-Qualifikation im Schweizer Cup seit der Saison 1965/66 träumen.
Trotzdem lag die Favoritenrolle natürlich beim Gast aus Lausanne – obwohl die Romands in der obersten Spielklasse nur als Kanonenfutter fungieren und kaum einmal ein Tor zustande bringen. 4 Punkte und 9 Tore in 14 Spielen sind die elende Bilanz des Tabellenletzten der Super League. Wettquoten sind ungeschminkte Prognosen für den mutmasslichen Ausgang eines Spiels: kurz vor Anpfiff ist Lausanne Sports mit einer Quote von rund 6:1 favorisiert.
Der Schweizer Cup ist durchaus vergleichbar mit dem beliebten Leiterlispiel zu Hause. Auch dort sind alle Teilnehmer zu Beginn hoffnungsfroh, am Ende kann nur einer gewinnen. Man kann via Siege und Leitern immer wieder aufsteigen. Sobald man aber zur falschen Zeit am falschen Ort ist und verliert, rutscht man an den Ausgangspunkt zurück – zur Cup-Auslosung für die nächste Saison. Ebenso wie beim Würfeln braucht es auch im Cup mitunter etwas Glück, etwa bei der Auslosung von Gegner und Heimspiel – oder auch im Penaltyschiessen.
Im traditionellen indischen Spiel Moksha Patamu, aus dem das neuzeitliche Leiterlispiel hervorgeht, hätte man nebst reinem Glück auch noch Charakterstärke, Kampfgeist oder Teamspirit in die Waagschale werfen können. Denn traditionel halfen damals Tugenden den Spielern zum schnelleren Aufstieg, während einem Laster zurückwarfen.
Also, auf geht’s – lasst Ball und Würfel rollen.
Das Brühler Team erwischt einen guten Start. Es verzeichnet in der ersten Viertelstunde gleich gute Torchancen. In der 4. Minute faustet Lausanne Keeper Fickentscher einen wuchtigen Kopfball von Brühls Verteidiger Vincenz Lazraj mirakulös aus der hohen Torecke. Beim Abschluss von Liechti in der 9. Minute rettet die Lattenoberkante für den geschlagenen Gästegoalie.
Danach gleicht sich die Partie zusehends aus. Lausanne beansprucht wohl etwas mehr Ballbesitz, ohne aber einen Klassenunterschied erkennen zu lassen, die Brühler in deren eigener Spielhälfte einzuschnüren oder gar gefährliche Abschlussmöglichketen zu kreieren.
Doch dann zeigt die Matchuhr die folgenschwere 33. Minute an. Der Lausanner Tafer setzt sich auf der Aussenbahn wuchtig durch. Der Ball kommt flach zur Mitte, wo Yang die Kugel relativ unbedrängt in die rechte untere Torecke von Brühl Keeper Arianit Lazraj zum 0:1 einschiessen kann. Wenige Minuten später ergibt sich nach einem Eckball für die Gäste aus der Westschweiz eine vergleichbare Einschussmöglichkeit, die sie für einmal auslassen – trotzdem kommt die Pause dem Heimteam nun gelegen.
Brühl startet wiederum gut in die zweite Halbzeit. Die Hoffnung, das Spiel doch noch wenden zu können, wird rasch genährt. Nach einem weiten Ball verfehlt ein satter Schuss von Tranquilli in der 51. Minute das Gehäuse der Lausanner nur knapp. Zusehends schwinden beim aufopferungsvoll kämpfenden Brühler Heimteam aber auch die Kräfte, so dass es in der Folge kaum noch zu nennenswerten Torchancen kommt. Dies obwohl Lausanne an diesem Nachmittag im Paul-Grüninger-Stadion die Tauglichkeit einer Super League-Mannschaft schuldig bleibt.
In den allerletzten Spielminuten wird der einzige Unterschied der beiden Mannschaften noch einmal veranschaulicht: Lausanne schliesst in der 89. Minute eine Angriffsstafette per Kopfball zum entscheidenden 0:2 durch Ravet ab – die rote Laterne aus der Super League holt aus seinen wenigen Möglichkeiten das Optimum heraus. Im gegenüberliegenden Strafraum fehlt den Brühlern gleich im Gegenzug die Kaltblütigkeit: Shabani und Ramadani klebt das Pech an den Schuhen; sie treffen in der Nachspielzeit im selben Angriff je einmal den Pfosten und die Latte.
Lausanne feiert kurze Zeit später den nur resultatmässig klaren Sieg und erklimmt die Leiter zum Aufstieg in die Viertelfinals.
Den Einheimischen auf dem Platz und den Zuschauerrängen dürften in diesen Minuten zahlreiche Parallelen zur letzten Saison in schmerzvolle Erinnerung gerufen worden sein, als eben dieses Lausanne ebenfalls erst in den Schlussminuten den Sieg gegen das Kronen-Team gesichert hatte. Auch damals war der Vertreter der Super League nicht besser als der Ostschweizer Erstligist gewesen – aber im Abschluss effizienter.
Die heutige Niederlage ist umso schmerzhafter, als man als Vertreter der Ersten Liga nicht jedes Jahr so weit im Cup-Wettbewerb vorstossen kann und erst noch einen Super League Vertreter in erbärmlicher Verfassung vorgesetzt kriegt.
Überhaupt, mit diesem Lausanne haben wir St.Galler mittlerweile einige offene Rechnungen zu begleichen. 1998 hatten die Romands dem FC St.Gallen trotz 0:2 Rückstand den Cupsieg im Penaltyschiessen verwehrt – und die Ostschweizer mit Krokodilstränen nach Hause geschickt.
So warten wir Ostschweizer weiterhin auf den 2. Cupsieg der Geschichte. Den bisher einzigen holte der FC St.Gallen 1969 mit einem 2:0-Sieg über die AC Bellinzona. Da blicken wir neidisch in Richtung Zürich, wo die Grasshoppers den seit 1925 ausgetragenen Schweizer Cup bis heute bereits 18 Mal in ihre Vereinsvitrine stellen durften.
Wie lange müssen wir St.Galler wohl auf den nächsten Cupsieg warten?
Für das Leiterlispiel hat eine empirische Versuchsreihe ergeben, dass ein Spieler im Durchschnitt 39,22 Würfe bis zum Ziel benötigt. Auf Wartejahre im Schweizer Cup für St.Galler Fussballvereine lässt sich dieser Wert wohl nicht ummünzen. Ich denke, man kann die Aussichten auf einen Cupsieg eines St.Galler Teams statistisch dennoch recht genau definieren: es ist eine Lebensaufgabe.
SC Brühl St.Gallen – FC Lausanne-Sport 0:3
Paul-Grüninger-Stadion. – 1520 Zuschauer.
Tore: 33. Yang 0:1. 88, Ravet 0:2, 93. Ekeng Ekeng 0:3
Den offiziellen Matchbericht findet ihr wie immer auf der Vereinshomepage des SC Brühl