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Das stille Schweden ist ein riesiges Traumland mit viel Raum, Natur, Wasser und Einsamkeit. Auch du kannst es sicher und einfach finden. Die Suchformel ist denkbar simpel: meide die touristische Hochsaison im Juli und August sowie die wenigen Grossstädte zwischen Trelleborg im Süden und Lappland, 1572 Kilometer weiter im Norden. Nur rund neun Millionen Einwohner leben hier auf einer riesigen Fläche von 449 964 Quadratkilometern.
In dieser Foto-Serie erzähle ich Euch also von einer Reise, auf der wir selbst an touristischen Destinationen nur stille und wenige Menschen antrafen – wenn überhaupt.
In Schweden angekommen, fuhren wir zuerst durch die Landschaft von Schonen.
Hier ermittelt Henning Mankell’s legendärer Kommissar Kurt Wallander rund um das Kleinstädtchen Ystad und löst selbst die verstricktesten Fälle. Die Romanfigur mag fiktiv sein, die in den Kriminalfällen beschriebenen Schauplätze aber sind real. Wir spazieren bei unserem ersten Zwischenhalt in Schweden am einsamen Mossbystrand, wo im Buch „Hunde in Riga“ ein Rettungsfloss mit zwei Toten an Land trieb oder im Buch „Wallanders erster Fall“ ein mysteriöses Sportflugzeug in der Nähe abstürzt.
Entlang der nächsten Streckenabschnitte liegen zerstreut mehrere Gehöfte. Eines davon, so will es die Kindergeschichte von Astrid Lindgren, diente dem winzigen Nils Holgersson als Startrampe für seinen Flug durch ganz Schweden, bis hinauf in den hohen Norden – und wieder zurück. Mitten am Tag läuft ein Fuchs einsam durch ein Feld.
Das nächste Mal halten wir irgendwo an einem See. Stille Wasser gibt es überall, seien es die über 90‘000 Seen, unzählige Wasserläufe oder die 3218 lange Meeresküste. Badeseen gibt’s dabei natürlich bis zum Abwinken, einer der grossen Favoriten der Touristen ist der Siljansee in der Mitte des Landes.
Bereits ist das ein oder andere Traumhaus auszumachen. Oder auch zu verstehen, warum es in Schweden rund 250‘000 Ferienhäuser gibt. Diese werden hauptsächlich von den Schweden selbst genutzt, oft ohne Komfort. Am liebsten sind den Schweden die Inselarchipele der Schären. Hier können sie an den Stränden baden, durch hunderte von Inseln segeln, Kanu fahren, fischen oder mit dem Bötli zwischen tausenden von Kleinsteilanden umher kurven. Sprit dafür gibt’s an eigens eingerichteten Tankstellen an Bootstegen.
Auftanken anderer Art ist ebenfalls sehr beliebt: Am meisten Menschen trifft man im stillen Schweden in den System Bolaget, das sind staatliche Läden mit dem Monopol für den Alkoholverkauf. Ein Stück Kultur und beliebt ist das Spiel „Bandy“, eine Mischung aus Fussball und Landhockey, das auf dem Eis gespielt wird.
Laut wird es im Stillen Schweden nur dann, wenn es gewollt ist (zum Beispiel beim Eishockeyspiel) oder gesucht wird (etwa, wenn die Kraniche und Wildgänse übers Land ziehen).
Apropos Tiere: Bär, Wolf, Luchs und co. sind alle im schwedischen Wald heimisch. Aber sehr schwer zu Gesicht zu bekommen. Wir haben bei verschiedenen Gelegenheiten einigen Arten in einem speziellen Versteck aufgelauert. Fazit: man besucht am besten einen der zahlreichen, auf einheimische Arten spezialisierte Tiergärten auf.
Wir fahren durch die weiten Landschaften und nehmen das ein oder andere touristische Highlight mit, zum Beispiel die alte Holzstadt Eksjö oder die Raukar auf der Insel Farö.
Hektik ist ein Fremdwort, das Leben geht seinen geruhsamen Gang. Warteschlangen im Quartierladen wie im Supermarkt werden stoisch und mit einem Schwatz von den Kassierern abgearbeitet. Abgesehen von den drei grössten Städten Malmö, Stockholm und Göteborg wirken schwedische Städte wie verschlafene Dörfer, kleinere Dörfer wiederum fallen in die Kategorie Abgeschiedenheit.
Weiter nördlich gegen Värmland wird es rauher, wir passieren fahrend und zu Fuss unendliche Wälder, sanfte Berge und reissende Bäche, wo im Winter täglich lange Stunden der Dunkelheit herrschen und meterhoch Schnee liegt.
Rentiere säumen die Strasse und begleiten uns gen Norden, wo du glaubst, die Zivilisation hinter dir gelassen zu haben – und bald die Sehnsucht nach Nähe zur Natur mit den Einheimischen in vollen Zügen geniesst. Dabei entpuppt sich das stille Schweden mehr als ganzheitliche Therapie für den Seelenfrieden, denn als Ekstase fürs Auge: die Landschaften und Wälder sind teilweise monoton, manchmal schön, aber selten Spektakulär.
Immer wieder entdecken wir rote und gelbe Holzhäuser inmitten von grünen Nadelwäldern, Höfe in Lichtungen von Birkenhainen und entlang idyllischer, klarer Seen. Sie sind gleich betörenden Oasen, die das stille Schweden trotz roher Naturgewalt zu einem Land für Romantiker macht.
Schuld daran sind Kinderbuchautorinnen wie Selma Lagerlöff („die Reise des kleinen Nils Holgersson“) und Astrid Lindgren (Pippi Langstrumpf, Karlsson vom Dach, Kalle Blomquist, oder Ronja Räubertochter, Bullerbü, Michel aus Lönneberga, Ferien auf Saltkrokan), deren Helden uns durch die Kindheit begleitet und unser Schwedenbild einschneidend geprägt haben.
Bis heute wünschen sich junge und alte Leser, wenigstens einmal dieses paradiesische Traumland zu besuchen und am liebsten gleich ein Teil von Bullerbü zu werden, etwa beim Streifen durch die Häuser mit Lasse, Lisa, und Bosse. Wer möchte, kann die Originaldrehorte tatsächlich besuchen. In Sevedstorp stehen beispielsweise die vertrauten Höfe von Bullerbü, auf der Stockholmer Insel Norröra wurde „Ferien aus Saltkrokan“ gedreht und der Kathult Hof, auf dem Michel seinen Streiche spielte, steht in der Ortschaft Gybberyd.
Natürlich findet man an dort nicht jene zeitlosen, Orte aus den Filmen und Büchern, die alles beinhalteten, was die Kindheit so schön und einzigartig macht. Sein persönliches Bullerbü oder Saltkrakan muss man schon selber irgendwo im riesigen, langgestreckten Land entdecken.
Die einen ziehen deshalb wie der kleine Nils Holgersson mit seinen Gänsen bis nach Lappland. Andere finden ihr Glück auf den Schäreninseln an der Ost- oder Westküste. Wieder andere lieben ihr traumhaftes Ferienhaus am Wasser in Smaland, in dessen Umgebung sie Fischen, Kanu wandern, Pilze suchen, Blaubeeren pflücken oder „ölen“ (Öl trinken; Öl ist das schwedische Wort für Bier). Sie werden Euch bestimmt davon erzählen – falls sie zurückkehren (müssen).